Hochzeitsculatello

Wenn man beschliesst zu heiraten, gilt es schon früh, einige Entscheidungen zu treffen. Wo finden die Feierlichkeiten statt? Wie viele Gäste werden dabei sein? Wen möchte man als nächste Unterstützer an seiner Seite? Wann ist es optimal? Und natürlich – was gibt es zu Essen und Trinken? Da das Essen schon immer eine wichtige Rolle in meinem Leben gespielt hat (mein Gatte beschäftigt sich derzeit eher mit der flüssigen Nahrung), war früh klar, dass wir den ureigenen Hochzeitsculatello herstellen und am Hochzeitsapéro zum Probieren geben möchten. So fing das alles also vor ungefähr neun Monaten an.

Die Culatello Produktion beginnt mit dem Einreiben der Stotzen mit Salz. In den ersten paar Wochen werden die Fleischstücke ständig gedreht und geboxt, damit sie schön weich bleiben und das Salz gleichmässig verteilt einziehen kann. Salz braucht es ausserdem als Konservator. Die Parallelen zu den ersten Wochen des Verlobt-Seins sind ja offensichtlich. Die Gästelisten werden gedreht und gewendet, Ideen zur Hochzeitseinladungsgestaltung hin und hergeworfen, ein-, zweimal wird auch (spasseshalber, natürlich) geboxt bis schliesslich die Grundpfeiler stehen. Diese Grundpfeiler sind wie das Salz beim Culatello, damit wir als Paar uns in die gleiche Richtung bewegen und immer schön geschmeidig bleiben.

Als nächstes folgt das Aufhängen und Schwitzen der Culatello, bevor sie im Klimaraum trocknen. Ja, geschwitzt haben wir auch. Vor allem dann, als klar wurde, dass die Eröffnung der neuen Filiale im Coop exakt auf unser Hochzeitswochenende fällt. Natürlich bleibt es nicht bei dem einen weiteren Highlight, nein, die Schwägerin kriegt ihr zweites Baby exakt um diese Zeit. Ausserdem fällt die Personalfeier meines Gatten auf den Freitag vor unserer Hochzeit und es wurden bereits betriebsinterne Wetten abgeschlossen, ob es möglich ist, den Chef vor seinem grossen Tag so richtig abzufüllen. Ich schwitze. Überflüssig, das noch einmal zu erwähnen.

Dann wird gepresst. Die Culatello werden in verschiedenen Lagen in eine Presse gespannt und am Anfang leicht angepresst, damit sie sich an die neue Umgebung gewöhnen können. Mit der Zeit wird der Druck ständig erhöht, damit die Culatello in der richtigen Form trocknen. Diesen ganzen Druck auf die paar Wochen vor der Hochzeit bildlich zu übertragen, fällt nicht schwer. Passt das Kleid noch? Wann muss ich anfangen, die Schuhe einzulaufen? Welche Frisur passt am besten? Was für Blumen wollen wir wo wann wie haben? Müssen wir tatsächlich so etwas wie ein Ehegelübde vor versammelter Mannschaft aufsagen? Wer läuft wann mit welcher Musik wie in die Kirche? Wie kommen wir und die Gäste wann von der Kirche zum Apéro zum Nachtessen? Wann werden wo welche Fotos gemacht? Stellen Sie sich vor – all diese Fragen müssen noch vor der eigentlichen Herausforderung beantwortet werden, nämlich der Tischordnung! Der Culatello hat die Presse, die ihn in Form hält, wir haben ganz viele wohlwollende, engagierte, verständnisvolle Menschen in unserer Umgebung, die uns unterstützen.

Der Culatello wird im vorletzten Schritt abgeschwartet und gereinigt, der Knochen wird rausgelöst und das Fleischstück noch einmal einige Tage getrocknet. Parallel dazu beruhigen wir uns allmählich, Organisiertes ist organisiert, die Vorfreude steigt!

Schliesslich ist der Culatello fertig und bereit die Gäste zu verwöhnen. Die neun Monate Reife haben ihm gutgetan. Er hat seinen vollen Geschmack dank der verschiedenen Produktionsschritte erhalten und ist zu einem wertvollen Erzeugnis herangereift. Jeder der Schritte ist nötig, ein rundum gelungenes Produkt herzustellen. Natürlich ist in der Produktionsphase nicht alles so toll für den Culatello, ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, dass es sonderlich viel Spass macht, wenn auf einem rumgeboxt wird. Oder man Tage zwischen zwei Brettern eingezwängt wird. So ist ehrlicherweise auch die Hochzeitsvorbereitung nicht immer nur rosarot und trotzdem will ich keiner der einzelnen Phasen missen. Tragen sie doch alle zu einem rundum gelungenen Hochzeitsfest bei. Ein Fest, an dem wir uns zurücklehnen, unsere Liebe zusammen mit all unseren Liebsten feiern und den Tag einfach geniessen.

Also liebe Gäste – freut euch auf den gefühlvoll hergestellten Hochzeitsculatello am Apéro. Und liebe Kunden, danke für Ihr Verständnis, dass die Familie Chitzele am 6. April nicht in der geöffneten Coop Filiale anzutreffen sein wird und das Hauptgeschäft im Rinkenbach geschlossen bleibt. Ich habe nämlich nicht vor, ein zweites Mal zu heiraten.

In rosaroter Liebe

Denise